Überwiegendes öffentliches Interesse auf ein Ausnahmetatbestand

In der FAZ von heute findet sich ein Artikel über den Umgang mit geistigem Eigentum in Bezug auf Medikamente. Ich wurde auf diesen Artikel aufmerksam, da sich im Anti-Couterfeiting Trade Agreement (ACTA) auch ein Passus zur Schutz geistigen Eigentums bei Medikamenten befindet. Auf die einzelnen Tatbestände möchte ich nicht näher eingehen, jedoch einen Analogieschluss ziehen, wie geistiges Eigentum und öffentliches Interesse diametral gegenüberstehen können. Im FAZ Artikel steht auf der einen Seite der Gewinn eines Konzerns der Rettung von Menschenleben gegenüber. Die Begründung für diesen Schritt lautet:

„Das Gericht beruft sich mit dem Verweis auf ein überwiegendes öffentliches Interesse auf einen Ausnahmetatbestand im Abkommen der Welthandelsorganisation zum geistigen Eigentum“ (Quelle: FAZ, Printversion vom 14.03.2012, Seite18)

Ich habe in dieser Sache ein wenig recherchiert und die Zusammenfassung des oben zitierten Abkommens auf europa.eu gefunden. Schließlich habe ich mir erlaubt, das Abkommen auf den aktuellen Tatbestand, dass aus Schulbüchern nichts eingescannt / digitalisiert werden darf, zu übertragen. Demnach lautet das Abkommen der WTO wie folgt (Veränderungen ggü. dem Originaltext sind grün markiert):

Die Regierungen können die Ausstellung von Urheberrechtsschutz auf Ausbildungs- und Schulungsmaterialien verweigern, wenn es sich um Materialien handelt, deren kommerzielle Nutzung aus Gründen der bestmöglichen Ausbildung an allgemeinbildenden Schulen und damit einer umfassenden Bildung der Gesellschaft zu verhindern ist.

oder auch:

Die Regierungen können Zwangslizenzen ausstellen, wenn es darum geht, einem Dritten die Digitalisierung patentrechtlich geschützter Erzeugnisse zu gestatten […]. Die Ausstellung von Zwangslizenzen ohne Genehmigung des Rechtsinhabers ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, bei denen die schutzwürdigen Interessen des Rechtsinhabers gewahrt bleiben. Wer eine Lizenz beantragt, muss vor allem erfolglos versucht haben, innerhalb einer zumutbaren Frist und zu annehmbaren Handelsbedingungen vom Rechtsinhaber eine Lizenz auf freiwilliger Basis zu erhalten. Darüber hinaus müssen diese Zwangslizenzen hauptsächlich der Versorgung des Binnenmarkts dienen.
Ein vorheriger Lizenzantrag auf freiwilliger Basis ist in folgenden Fällen nicht erforderlich:
[…]
bei öffentlicher Nutzung zu Ausbildungszwecken
bei Vorliegen wettbewerbswidriger Praktiken

Meines Erachtens wird es höchste Zeit, dass nicht nur die Rechteinhaber mit Instrumenten wie ACTA o.ä., sondern auch das öffentliche Interesse auf ein Ausnahmetatbestand formuliert und eingefordert wird. Dabei kann man sich, wie man sieht, sogar auf international verhandelte Abkommen stützen.

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