Vorsicht beim Kopieren und Einscannen!

Der folgende Beitrag stellt ausschließlich meine persönliche Meinung dar. Ich vertrete nicht die Meinung irgendwelcher Institutionen oder Dritter.

Gerade habe ich durch eine Pressemitteilung erfahren, dass die Verwertungsgesellschaften mit den Ländern einen Vertrag geschlossen haben, der die Länder dazu zwingt, Schulcomputer mit einer von den Verwertungsgesellschaft entworfenen „Plagiatssoftware“ zu scannen, ob auf den Rechnern illegale Kopien gespeichert sind. Jährlich sollen dies mindestens 1% der Schulcomputer sein (siehe Vertrag §6, Abs. 4).

Zwar begrüße ich die Novellierung, dass zukünftig aus Schulbüchern im selben Umfang wie aus anderen Werken auch kopiert werden darf (Vgl. S. §53 UrhG), jedoch muss man sich fragen, ob dieser Vertrag nicht nur für die Verwertungsgesellschaften, sondern auch für die Seite der Länder einen Gewinn darstellt. Kaum eine Lehrerin oder ein Lehrer fertigen heute noch analoge Kopien aus Büchern an. Die meisten, die ich kenne, wollen Teile eines Werkes in ihre eigenen Arbeitsblätter integrieren. Diese legen sie jedoch nur noch digital ab, Zettelsammlungen und Ordner gehören der Vergangenheit an. Aus diesem Grund würden die Kolleginnen und Kollegen gerne den Scanner statt Kopierer benutzen. Das vertraglich gesicherte Zugeständnis der Verwertungsgesellschaften, dass aus Schulbüchern zukünftig also die bislang geltende Sonderregelung zum Kopieren wegfällt, stellt in meinen Augen nur einen sehr kleinen Zugewinn dar.

Geradezu empörend finde ich jedoch, dass ich hier die Unschuldsvermutung wieder einmal durch flächendeckenden, verdachtslosen Einsatz eines Software-Kontrollinstruments kompromittiert wird und die Schulaufsicht und die Schulleiter zu Handlangern im Interesse der Verwertungsgesellschaften werden. Es bedarf zur Durchführung der Kontrolle noch nicht einmal ein Verdacht, geschweige denn einer Anklage, eines Durchsuchungsbefehls oder sonst eines richterlich genehmigten Zugriffs. Zudem müssen die Arbeitsstunden für die Durchsuchung der Rechner von den Behörden und nicht von den Verwertungsgesellschaften bezahlt werden.

Ganz pragmatisch möchte ich an dieser Stelle also noch einmal auf Folgendes hinweisen:

  1. Kopieren aus Büchern etc. bitte nur in dem Umfang, wie es in diesen Broschüren angegeben ist.
  2. Einscannen aus Schulbüchern / Werken für den Unterricht ist NICHT erlaubt.

Mein persönlicher Tipp an alle Kolleginnen und Kollegen und auch meine Hoffnung für die Zukunft:

Verzichtet nach Möglichkeit auf Materialien der Schulbuchverlage und erstellt selbst Material, welches ihr Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung stellt. Dieses Material ist entweder ein amtliches Werk, da es in der Arbeitszeit erstellt wurde, oder ihr lizenziert es unter einer Creative Commons Lizenz oder ihr behalte alle Rechte an eurem Material vor, aber selbst dann ist es in der Regel nicht durch die Extra-Regelungen der Verwertungsgesellschaften geschützt, so dass daraus im Sinne einer fairen Benutzung eingescannt und kopiert werden darf.

Langfristig unterstütze ich die Forderung, dass für Schulen und Universitäten die Nutzung von Werken im Sinne eines »Fair Use« grundsätzlich erlaubt sein muss.

2 Gedanken zu „Vorsicht beim Kopieren und Einscannen!

  1. Erstaunlich. Bis jetzt habe ich immer gedacht, die Verwertung sei geregelt. Wenn ich nun z.B. 100 Seiten aus einem Buch einscanne und in 100 Fällen in den nächsten 5 Jahren jeweils 10% einer Seite in ein selbst erstelltes Produkt/Arbeitsmaterial integriere, dann fällt das doch pro Arbeitsblatt unter das Zitierrecht. Eine Scansoftware hingegen wird mich als Raubkopierer entlarven.

    Und wie ist es, wenn das Buch neben dem PC steht und ich abtippe, von mir aus das ganze Buch? Dann ist es nicht eingescannt! Der Staat und seine Regeln/Gesetze sind für die Bürger da und nicht umgekehrt. Und schon gar nicht gegen seine eigenen Anstalten und Angestelten. Das ist doch verkehrte Welt.

    1. Zitierrecht gilt (meist) nur für die Einarbeitung von urheberrechtlich geschütztem Material in eine größere Wissenschaftliche Publikation. Einfach nur einen Teil einer Arbeit zu kopieren ist hingegen kein Zitat.

      Das UrHG hat sich jedoch am 01.01.2013 geändert und vieles ist jetzt digital erlaubt, was vorher nicht erlaubt war. Ich arbeite gerade an einer Aktualisierung meiner Infomaterialien.

      Stay tuned…!

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